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Die Augen der Wildnis

Allein mit dem Puma – meine zweite Begegnung mit der Kraft des Berglöwen

SIE LIEBTE DIE MAGISCHE, WILDE NATUR DES LEBENS UND ES LIEBTE SIE ZURÜCK

UNKNOWN

Zurück im Luxus.

Behutsam creme ich mich mit Sonnenschutz ein, der Himmel ist blau. Ich bin ein paar Runden in diesem wunderbaren Hotelpool geschwommen, habe ausgiebig gefrühstückt und ein langes Gespräch mit meinem Büro geführt, es gibt immer viel zu besprechen, was für ein Glück ich mit meinem Team habe.


Ich packe meine kleine, unnötig wasserdichte Regentasche, die ich bei dem strahlend blauen Himmel sicher nicht brauchen werde, aber ich habe ja ansonsten nur den großen Rucksack, das wäre übertrieben. Heute Morgen habe ich gleich nach dem Frühstück eine kleine Erdzeremonie geplant, das mache ich oft, auch heute Morgen. Also mache ich mich mit meinem Weißen Salbei, einem Räucherstäbchen, ein paar Blumen und Schokolade auf den Weg. Die Erde liebt Schokolade. Langsam und fröhlich mache ich mich auf den Weg zu dem kleinen verwunschenen Pfad hinter meinem Regenbogen. Letztes Jahr habe ich diesen Regenbogen über dem Bio-Gemüsegarten gesehen, kurz nachdem ich hier angekommen war. Ich will eine Metallschildkröte oberhalb der Stelle vergraben, an der ich vor zwei Tagen ein süßes Gespräch mit Mutter Erde geführt habe, und sehen, was mit dem kleinen runden Stein passiert, der noch in meiner Tasche ist. Es ist ein steiler Aufstieg. Hätte ich meine Wanderschuhe anziehen sollen? Die Sandalen sind glitschig. Vorsichtig gehe ich weiter. Ich sehe eine Struktur, die genauso aussieht wie die offene Kokosnuss, die ich nach meiner Begegnung mit dem Puma am Matapalo-Strand im Mai 2022 fotografiert habe. Ich mache ein Foto. Meine Gedanken kreisen um die Begegnung mit dem Puma. Ist das ein Zeichen? denke ich, während ich jeden Schritt sorgfältig abwäge. Nein, ein Puma kommt bestimmt nicht hierher. Dazu müsste er die Landstraße überqueren, was äußerst unwahrscheinlich ist. Hier hat noch nie jemand einen Puma gesehen. Ich gehe weiter, vorbei an einer alten verwitterten Holzplattform, die über eine ebenso verwitterte Holztreppe zu erreichen ist. Ich bin mir sicher, dass man von dort einen wunderbaren Blick auf den Golfo hat. Aber die Stufen sind verwittert und ich beschließe, in diesem Leben nicht mehr auf altes, morsches Holz zu treten.


Ich mache ein Foto und entscheide mich für den anderen Weg, den Weg des Neuen, hinein ins Unbekannte. Sofort entdecke ich den Puma. Er steht regungslos ein Stück weiter oben auf dem Weg und schaut mich mit seinen magischen Augen an. Voller innerer Ruhe und Kraft. Hast du schon einmal in die grünen Augen eines freilebenden Pumas geschaut? Ich schon. Aber damals war ich nicht allein, ein erfahrener Naturführer war an meiner Seite und hat mich beruhigt. Heute bin ich allein und es ist die Gelassenheit des Pumas, die sich auf mich überträgt. Natürlich musste das passieren. Es ist alles so klar. Wir sehen uns lange Zeit an. Viele Minuten lang. Keiner von uns bewegt sich. Ich mache in aller Ruhe Fotos. Ich gehe langsam näher heran. Aber es gibt einen Abstand zwischen uns, den man ihn nicht überschreitet. Irgendwann will ich den endlosen Moment beenden. Immerhin ist es ein wildes Tier. Ich rufe laut. Mehrere Male. Dann zieht es sich zurück.


Ich vollziehe meine Zeremonie. An Ort und Stelle. Vergrabe die Metallschildkröte, die in ihrem hohlen Bauch Erde von Finca 6 hat, Erde, die seit Tausenden von Jahren neben den magischen Steinkugeln liegt. Mit einem Haar von mir, damit du weißt, dass ich es bin. Kathrin, die blonde Indianerin. Ich zünde den Weißen Salbei an und danke allen Geistern, die es gibt. Sie sind alle hier. Aus allen Himmelsrichtungen. Diesmal mache ich keine Verschönerungen, keine schönen Dekorationen und Muster mit Blättern und Blumen, wie ich es sonst immer mache, sondern verdecke die Grabstelle wieder mit den alten Blättern und Zweigen. Es wird einfach sein, sehr schlicht. Ein reiner, unverfälschter Akt der Anbetung. Voller Kraft.
Ich gehe zurück. Es beginnt zu regnen. Der Regenwald in seiner Ursprünglichkeit.
Als ich bei meiner Villa ankomme, ist der Himmel wieder blau.
AHO.